Gleich den nächsten Beitrag zu Sascha Lobo schreiben zu müssen, nervt mich schon fast, aber es kann nicht einfach widersprochen bleiben, was da für einfallslose Ideen fantasiert werden.
Es gab jüngst eine Diskussionsveranstaltung in Wien, die in der futurezone.at transkribiert wurde. Dort findet man bemerkenswert anachronistische Aussagen, die man nur in der Rhetorik des Kalten Krieges erwartet hätte.
Quelle: Wikipedia / Ronnie Grob | CC BY-SA 3.0
Sascha Lobo – Foto (c) Ronnie Grob
“Für eine Abschaffung der Nachrichtendienste einzutreten, wäre blauäugig. Im Gegenteil: Wir müssen die Geheimdienste auf europäischer Ebene stärken, um ein Gegengewicht zu den USA zu schaffen – natürlich unter strenger demokratischer Kontrolle. Dasselbe gilt für die Netz-Infrastruktur”, so Lobo im Gespräch mit der futurezone.
Sicherlich kann man sagen, dass die Nachrichtendienste auf Europäischer Seite technisch komplett unterlegen sind. Allerdings vergisst Lobo ganz klar, dass einige Dienste in Europa am Tropf der Amerikaner hängen. Wie soll da eine Stärkung möglich sein, die nicht zugleich beispielsweise der NSA in die Hände spielt?
Prominentestes Beispiel ist Großbritannien als Mitglied der “Five Eyes”. Daneben arbeiten Frankreich, Spanien und Deutschland eng mit den amerikanischen Diensten zusammen. Auch innerhalb Europas gibt es schon eine sehr enge Zusammenarbeit der Geheimdienste. Prekär ist nur, dass da auch der GCHQ (England) mitarbeitet, der als Außenarm der NSA betrachtet werden kann.
Bei so einer immensen Vernetzung, die man jetzt schon kaum entflechten kann, stellt sich die Frage wie eine solche Stärkung machbar sein soll.
Darüber hinaus kann man die Frage stellen, ob eine demokratische Kontrolle möglich sein wird. Die Kontrollen der Geheimdienste war bis dato immer geheim und werden über entsprechende Gremien geführt, die idR. nicht gewählt werden. Die Mitglieder solcher Gremien werden über die unterschiedlich gewählten Parlamente entsendet. Ob die Personen dazu befähigt sind oder dafür Zeit haben, kann nicht mal ansatzweise geprüft werden, weil die Sitzungen dazu auch geheim sind.
Es ist auch nicht erkennbar, dass sich das ändern wird. Zudem herrscht die feste Überzeugung vor, dass das auch nicht zu ändern sei. Der Name “Geheim” in den Diensten käme ja nicht von ungefähr.
Die Debatte um die Reformation der Kontrollgremien zu unseren Nachrichtendiensten zeigt deutlich, wie ängstlich man an das Thema rangehen will. Das auf europäischer Ebene zu vereinheitlichen oder grenzüberschreitende Gremien einzurichten ist im Grundgedanken nicht schlecht, Ziel scheint es aber eher zu sein einen EU-Geheimdienst zu etablieren. Das erinnert an das Sprichwort den Teufel mit dem Beelzebub austreiben zu wollen.
“Es gibt rote Linien, die nicht überschritten werden dürfen. Die Einführung der Vorratsdatenspeicherung in Österreich etwa ist meiner Meinung nach eine davon. Hier müssen die Bürger dafür sorgen, dass ein Schritt zurück gemacht wird”, so Lobo […]
Das ist richtig, aber genau da hört es auf. Keine visionären Ideen, keine Vorschläge, was gesellschaftlich wie politisch zu ändern ist.
Fakt ist, dass man keine roten Linien mehr erkennen kann. Es wurde inzwischen so viel an Grenzen überschritten, dass nichts mehr bleibt als hilflose Hinweise zu geben:
“Die Zeit kann man nicht zurückdrehen. Die Menschen müssen sich ihre Werkzeuge mit einem gesunden Maß an Begeisterung, Skepsis und Kritik zurückerobern”, gibt Lobo als Devise aus.
Was er damit meint, bleibt unklar. So bleibt wohl nur das von ihm ausgesprochene Ziel die eigenen Geheimdienste zu stärken. Nur was werden die wohl machen?
Überwachen?
Genau das, was wir unbedingt noch mehr brauchten, Sascha Lobo…